Donnerstag, 14. Mai 2009
Flaschenpost

In der Frühzeit der Ozeanographie nutzten die Wissenschaftler ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein einfaches Prinzip zur Erforschung der Meeresströmungen. Den Kapitänen deutscher Handelsschiffe gab man eine leere Flasche und ein kleines vorbereitetes Formular mit, das - um das aktuelle Datum ergänzt - auf einer vorher bestimmten Längengradposition in der gut versiegelten Flasche über Bord geworfen wurde. Die Finder dieser Flaschenposten wurden gebeten, die Zettel mit Fundort und Datum zu versehen und an die „Deutsche Seewarte“ in Hamburg zu schicken, einem Vorgänger des heutigen Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Flaschenpost irgendwo heil ankommt und gefunden wird, liegt nach Expertenmeinung im Durchschnitt bei zehn Prozent. Dennoch erhofften die Wissenschaftler durch ihre Auswertungen, den Weg der Flasche nachzuvollziehen und Aufschluss über die Meeresströmungen zu erhalten.

In Deutschland gilt der Gelehrte Georg Ritter Balthasar von Neumayer, der 1875 erster Direktor der Deutschen Seewarte in Hamburg wurde, als Begründer der „Flaschenpost-Forschung“. Es gibt aber Überlieferungen, dass die Menschen offenbar schon seit der Antike mit mehr oder weniger wasserdichten und unsinkbaren Gefäßen experimentiert haben:

  • Der griechische Philosoph und Naturforscher Theophrastos (371 - 287 v. Chr.), ein Schüler des Aristoteles, vermutete, dass der Atlantische Ozean die Verhältnisse im Mittelmeer beeinflusst. Versuche mit verschlossenen Krügen, die er bei Athen in die Ägäis setzte, sollten dies bestätigen.
  • Kolumbus soll ein Zedernholz-Fäßchen mit Notizen über die Entdeckung Amerikas über Bord geworfen haben, als er auf der Rückfahrt 1493 in einen schweren Sturm geriet und befürchten musste, sein Schiff werde untergehen.
  • Unter Königin Elisabeth I wurde in Großbritannien um 1590 ein Gesetz eingeführt, mit dem sichergestellt werden sollte, dass Flaschenposten mit offiziellem Siegel, zum Beispiel Nachrichten von britischen Kriegsschiffen, nicht von Unbefugten geöffnet wurden. Dies durfte nur der „Offical Uncorker of Bottles“. Das Gesetz blieb immerhin 200 Jahre in Kraft.
  • Erste wissenschaftliche Meeresforschungen unter Verwendung verschlossener Flaschen fanden schon 1786 in der Bucht von Biscaya statt und zeitgleich jenseits des Atlantischen Ozeans durch Benjamin Franklin, der auch den Blitzableiter erfand.

Die heutige Flaschenpost-Sammlung der Deutschen Seewarte besteht aus etwa 660 zurückgesandten Briefen und ist damit die wohl größte der Welt. In insgesamt vier dicken schwarzen Büchern sind Zettel, die einst in Flaschen im Meer schwammen, chronologisch von 1864 bis 1933 zusammengefasst – bis auf die Jahrgänge 1901 bis 1927, die wohl durch die Kriegswirren verloren gingen.

Das älteste Dokument der eindrucksvollen Sammlung wurde von Neumayer persönlich am 14. Juli 1864 bei Cap Horn von dem Segelschiff „Norfolk“ in einer verschlossenen Rumflasche über Bord geworfen. Nach drei Jahren, genauer am 9. Juni 1867 um 12:00 Uhr wurde das Treibgut von dem Arbeiter Michael O‘ Donohue an der australischen Küste bei Portland gefunden, wie die zurück geschickte blaue Pappkarte belegt. Die Flasche hatte 8532 Seemeilen (rund 15.800 Kilometer) zurückgelegt bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa acht Seemeilen pro Tag.

Quelle: www.bsh.de/de/Das_BSH/Flaschenpost-Sammlung/...

lt. wikipedia: Einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde als unmöglichste Flaschenpost erhielt 1998 eine Weinflasche, die 1993 als Flaschenpost bei Hennef in die Sieg geworfen wurde und 1996 in Falmouth (Maine) gefunden wurde.

Die kleinste postversandfähige Flaschenpost der Welt: Dieser Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde 2001 erfolgte für eine Flasche mit 25 mm Durchmesser und 95 mm Höhe. Präsentiert wurde sie von Rainer Krempel aus Remscheid am 16. März 2000.

Die Flaschenpost mit der längsten nachgewiesenen Zustelldauer war ein Brief, der 1903 von einer deutschen Südpol-Expedition bei Tasmanien ausgesetzt, und am 19. März 1955 in Neuseeland angespült wurde,

Mysteriöse Flaschenpost aus Auschwitz: Bei Renovierungsarbeiten in einem Gebäude neben dem ehemaligen KZ Auschwitz haben Bauarbeiter eine Flasche gefunden, darin ein Zettel mit den Namen und Heimatorten von sieben Häftlingen.

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